Volksstimme im Gespräch mit Jörg Methner, Guido Heuer und René Kellner über die Zukunft der Gemeinde (Teil 2)

Bürgermeister Jörg Methner (SPD), Gemeinderatsvorsitzender Guido Heuer (CDU) und Hauptamtsleiter René Kellner äußern sich im Volksstimme-Gespräch zur Entwicklung in der Einheitsgemeinde Sülzetal. Im zweiten Teil geht es um Industrie, Flüchtlinge und die Zusammenarbeit im Gemeinderat.

Volksstimme im Gespräch mit Jörg Methner, Guido Heuer und René Kellner über die Zukunft der Gemeinde

Im Volksstimme-Gespräch äußerten sich Hauptamtsleiter René Kellner (von links), Bürgermeister Jörg Methner und Gemeinderatsvorsitzender Guido Heuer zur Zukunft der Einheitsgemeinde Sülzetal. Foto: Detlef Eicke

Volksstimme: Im vergangenen Jahr wurden die Kontakte zwischen der Gemeinde und den örtlichen Industriefirmen wieder aufgenommen. Wie soll dieser Prozess im kommenden Jahr fortgesetzt werden und welche Ziele wird die Gemeinde verfolgen?
René Kellner: Natürlich suchen wir den Kontakt zu unseren ortsansässigen Firmen. Der Wirtschaftsstandort Sülzetal hat hervorragende Voraussetzungen für Unternehmen. Leider ist die Zusammenarbeit in den letzten Jahren nicht so optimal gelaufen wie sie hätte laufen können. Dies möchten wir ändern. So wird es Anfang des Jahres auch den zweiten Wirtschaftsstammtisch geben. Weiterhin wird dem Aufgabenfeld der Wirtschaftsförderung auch innerhalb der Verwaltung zukünftig mehr Bedeutung zukommen. Im Rahmen der Verwaltungsstrukturierung wird sich zukünftig ein kompetenter Mitarbeiter mit Wirtschafts- und Entwicklungsförderung befassen. Unser Ziel ist, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Wie wir uns diese vorstellen, möchten wir zu Beginn des Jahres mit den Unternehmen besprechen.
Guido Heuer: Wie ich schon sagte, die Unternehmer haben ein Recht darauf, stabile Rahmenbedingungen vorzufinden. Dafür bedarf es endlich wieder einer effektiven Ansiedlungspolitik, denn in den letzten Jahren fand diese nicht einmal mehr statt. Unsere Unternehmer bringen nicht nur Einnahmen wie die Gewerbesteuer, sondern auch Arbeitsplätze und damit potentielle Einwohner des Sülzetals. Um auf die Bedürfnisse reagieren zu können, muss man mit ihnen reden und Unternehmerstammtische sind ein hervorragendes Instrument dafür. Im vergangenen Jahr gab es endlich wieder einen. Und unser Bürgermeister ist hier in der Pflicht, dieses Instrument regelmäßig zu nutzen. Jedoch müssen sinnvolle Anregungen, wie eine Kita mit an den Bedarf angepassten Öffnungszeiten, auch umgesetzt werden. Viele Unternehmer haben uns hier ihre tatkräftige Unterstützung zugesagt.

2015 hat auch die Gemeinde Flüchtlinge aus Krisengebieten aufgenommen. In Ihrer Gemeinde ist eine Arbeitsgruppe „Willkommen im Sülzetal“ gegründet worden. Welchen Stellenwert hat diese AG für die Gemeinde und gibt es gemeinsame Aktivitäten? Beschreiben Sie bitte den aktuellen Stand der Dinge.
Jörg Methner: Die AG „Willkommen“ hat für die Gemeinde einen sehr hohen Stellenwert. Sie bündelt die große Hilfsbereitschaft der Sülzetaler und sorgt durch ihr Tun dafür, dass die Menschen Hilfe bekommen wenn sie sie brauchen. Was für mich auch sehr beeindruckt ist, dass das Sülzetal durch die Arbeitsgruppe weiter zusammenwächst. Bürger aus allen Ortsteilen engagieren sich hier zusammen für ein Ziel. Die Verwaltung unterstützt die Arbeitsgruppe natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Hauptamtsleiter René Kellner arbeitet als Vertreter der Verwaltung in der Arbeitsgruppe mit. So wurde beispielsweise auch die Einwohnerversammlung am 8. Dezember in der Kirche in Altenweddingen mit Teilnahme des Innenministers organisiert. Momentan befi nden sich 128 Migranten im Sülzetal, davon 20 Kinder. Aufgrund von Gesprächen und der hiesigen Wohnungslage gehen wir eher davon aus, dass letztendlich nur ein überschaubarer Teil dauerhaft hier bleiben wird. Ich möchte die Gelegenheit hier nutzen, um der Arbeitsgruppe meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Das Geleistete kann sich wirklich sehen lassen. Die Arbeit die sie hier leisten, ist beispielhaft.
Heuer: Zunächst gestatten Sie mir einige allgemeine Anmerkungen. Von dieser Krise wurden nicht nur der Bund, sondern vor allem die Länder, Kreise und Kommunen kalt erwischt. Wir müssen und werden diese Krise bewältigen. Hierfür bedarf es einer konsequenten Flüchtlingspolitik. Als Direktkandidat der CDU für den Landtag stehe ich voll hinter der Flüchtlingspolitik unseres Innenministers Holger Stahlknecht. Für den Bund wünsche ich mir für das Thema Zuwanderung ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild und eine volle Registrierung aller Flüchtlinge. In unserer Gemeinde kann ich der Arbeit der AG „Willkommen“ nur höchste Anerkennung zollen. Es ist bemerkenswert, mit welchem Einsatz alle Ehrenamtlichen ihre Arbeit verrichten. Stellvertretend für alle möchte ich besonders unserem Pfarrer Raimund Müller-Busse und Gerald Stöter für die Organisation danken.
Trotz des immensen persönlichen Einsatzes aller bedarf es auch auf Landes- und Kreisebene klarer Strukturen. Unserer Kommune sind bisher nur äußerst geringe Kosten für die Flüchtlingsunterbringung entstanden. Jedoch bildet die Koordination der Kommune einen Grundpfeiler für die Bewältigung der Aufgabe.

Sie haben langjährige Erfahrung in der Lokalpolitik. Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit der politischen Parteien und Fraktionen im Gemeinderat ein? Wie klappt das Zusammenspiel zwischen Gemeinderat und den Ortschaftsräten?
Methner: Das Zusammenspiel hat sich aus meiner Sicht im vergangen Jahr ganz klar positiv entwickelt. Natürlich ist man sich nicht immer einig. Aber Lösungen müssen gemeinsam erarbeitet werden und dann auch gemeinsam getragen werden. Im Gemeinderat muss es uns noch mehr gelingen, als Sülzetaler zu denken und an der einen oder anderen Stelle die Ortschaftsbrillen abzunehmen. Das wäre auch mein großer Wunsch für 2016.
Heuer: Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen hat sich deutlich verbessert, auch wenn es noch deutliche Reserven gibt. Eines ist aber auch klar, unterschiedliche Meinungen zwischen Parteien und Fraktionen wird und muss es immer geben, denn das ist der Sinn einer Demokratie. Ohne Meinungsvielfalt und die demokratische Diskussion darüber, gäbe es keinen Fortschritt. Ich kann nur alle Bürger auffordern, am 13. März ihre Stimme bei den Landtagswahlen abzugeben. Wir haben 1989 dafür gekämpft, frei wählen zu dürfen und es macht mich traurig, dass die Wahlbeteiligung ständig sinkt. Es ist mir bewusst, dass die Politik durch Ehrlichkeit und Stetigkeit das Vertrauen der Bürger rechtfertigen und teilweise auch zurück gewinnen muss.
Was die Zusammenarbeit mit den Ortschaftsräten betrifft, wünsche ich mir noch mehr Objektivität für das Wohl der Einheitsgemeinde. Einigen Ortschaftsräten und Gemeinderäten fehlt es an dieser. Es wird Entscheidungen geben, welche Ortschaftsinteressen sicher zuwider laufen, aber wir sind eine Einheitsgemeinde und ich werbe hier für das Verständnis aller Bürger dafür, dass diese im Vordergrund steht und stehen muss.

Wo sehen Sie Reserven bei Ihrer eigenen Arbeit und der Zusammenarbeit in Rat und Verwaltung?
Heuer: Als Kommunalpolitiker ist man ganz nah an den Bürgern und bekommt ihre Meinung hautnah zu spüren. Deshalb werde ich mich auch im Falle meiner Wahl in den Landtag nicht aus der kommunalen Verantwortung zurückziehen. Solange ich das Vertrauen des Gemeinderates genieße, werde ich mein Amt als Gemeinderatsvorsitzender mit aller Konsequenz ausfüllen. In meiner eigenen Arbeit gibt es mit Sicherheit auch Reserven. Zum Beispiel habe ich mir fest vorgenommen, im neuen Jahr Bürgersprechstunden durchzuführen.

Volksstimme: Welchen Einfluss hat die unvorhergesehen rasch zunehmende Anzahl der Kinder in der Gemeinde, hervorgerufen durch zuziehende Migranten und EU-Bürger auf die Pläne zur Entwicklung der Schulen und Kindertagesstätten im Sülzetal?
Kellner: Wir gehen momentan nicht davon aus, dass sich die Zahlen derart entwickeln, dass diese einen großen Einfluss auf die mittel- und langfristige Entwicklung der Schulen und Kitas haben werden.
Heuer: Welchen Einfluss die Zuwanderung auf die demografische Entwicklung haben wird, ist noch nicht abzusehen. Daher wird diese keine unmittelbaren Folgen auf die Pläne bezüglich Kitas und Schulen nach sich ziehen. Jedoch muss diese Planung einer ständigen Überprüfung unterliegen, um die Kapazitäten bei Neubauten oder Sanierungen möglichst aktuell berücksichtigen zu können. Aufgrund der Erschließung neuer Baugebiete wie in Osterweddingen sehe ich alle Chancen auf wieder steigende Einwohnerzahlen.
Lassen Sie mich aber noch eines zum Thema Kitas und Schulen sagen. Vorerst wird es keine Kita- oder Schulschließung geben und erst das Gemeindeentwicklungskonzept wird die mittel- bis langfristige Planung auch in diesem Bereich festlegen. Alle anderen Aussagen sind falsch oder Gerüchte. Abschließend wünsche ich allen Bürgern des Sülzetals eines frohes und gesundes neues Jahr. Bitte nutzen Sie die Möglichkeit, die Gemeinde- und Ortschaftsratssitzungen im neuen Jahr zu besuchen und machen Sie Vorschläge für das Gemeindeentwicklungskonzept.

Quelle: Wanzleber Volksstimme, erschienen am 07.01.2016, S. 15